INTERVIEW MIT RALPH DOMMERMUTH

Herr Dommermuth, wie blicken Sie auf das Geschäftsjahr 2020 zurück?

Geprägt durch die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie war 2020 ohne Frage ein außergewöhnliches Jahr für unser Unternehmen wie auch für die gesamte Volkswirtschaft. Dieses haben wir jedoch gut gemeistert: Auch im vergangenen Geschäftsjahr haben wir unsere Ziele konsequent verfolgt und in den langfristigen Erfolg unseres Unternehmens investiert.

Im Vordergrund standen insbesondere die Vorbereitungen für den Bau unseres eigenen 5G-Mobilfunknetzes im Geschäftsbereich Access. So haben wir einen detaillierten Netzplan erstellt, unser Glasfasernetz weiter ausgebaut und die Gespräche mit potenziellen Partnern für den Netzaufbau vorangetrieben. Zudem haben wir intensiv mit den etablierten Netzbetreibern zu National Roaming – der Mitnutzung von Fremdnetzen während der Aufbauphase einer eigenen Netzinfrastruktur – verhandelt. Im Februar 2021 haben wir ein - nach Prüfung durch die EU-Kommission verbessertes – Angebot von Telefónica erhalten und sind damit einen wichtigen Schritt auf unserem Weg zum Netzbetreiber vorangekommen.

Auch im Geschäftsbereich Applications ist 2020 einiges passiert. Während wir unsere Portal-Marken GMX und WEB.DE auch durch den vermehrten Einsatz von künstlicher Intelligenz weiter zu umfassenden Kommunikations- und Informationsplattformen ausbauen, haben wir mit dem Cloud-Website-Builder we22 einen weiteren wertvollen Zukauf im Markenportfolio von IONOS in die Wege geleitet und Anfang 2021 abgeschlossen.

Ihr Ziel ist es, das modernste 5G-Netz Deutschlands zu bauen. Wie kann man sich das konkret vorstellen? Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Als Neueinsteiger ohne technische Altlasten können wir beim Bau unseres Mobilfunknetzes ohne Kompromisse auf modernste Technologien setzen. Als erster Netzbetreiber in Europa werden wir unser 5G-Netz vollständig virtualisieren und auf Basis der OpenRAN-Technologie bauen. Die Netzintelligenz wird nicht wie üblich am Antennenstandort sein, sondern über dezentrale Rechenzentren gesteuert.

Dieser auf der Edge-Technologie beruhende Ansatz ermöglicht es uns, das zukünftige Potenzial von 5G voll auszuschöpfen und bietet darüber hinaus weitere zentrale Vorteile: Zum einen lassen sich Wartungsarbeiten sehr viel effizienter durchführen und vor allem unterliegen wir nicht der Abhängigkeit von Netzausrüstern. Denn über klar definierte Schnittstellen können wir parallel mit verschiedenen Partnern zusammenarbeiten.

Im nächsten Schritt geht es für uns darum, das National Roaming Angebot von Telefónica Deutschland in eine finale Vereinbarung zu überführen. Denn nur mit National Roaming können wir unseren Kunden von Anfang an flächendeckenden Empfang bieten. Zudem werden wir die fortgeschrittenen Verhandlungen mit Netzausrüstern und Standortbetreibern zum Abschluss bringen, sodass wir mit dem Aufbau möglichst schnell beginnen können.

Glasfaser gilt als eine Grundvoraussetzung für 5G sowie Gigabit-Geschwindigkeiten in privaten Haushalten. Kürzlich wurde hierzu die Zusammenarbeit zwischen 1&1 Versatel und der Deutschen Telekom vertieft. Welche Vorteile ergeben sich daraus?

In der Tat – Glasfaser ist der Schlüssel zu 5G. Außerdem werden Glasfaser-Direktanschlüsse auch in Privathaushalten zunehmend zum Standard für schnelle Kommunikation werden. Über unsere Tochtergesellschaft 1&1 Versatel haben wir Zugriff auf eines der größten Glasfasernetze Deutschlands und können unsere Antennenstandorte zukünftig optimal anschließen.

Darüber hinaus hat 1&1 Versatel mit der Deutschen Telekom einen Vertrag über die Nutzung derer FTTH- und VDSL-Hausanschlüsse geschlossen. Von diesem Vertrag wird auch das Privatkundengeschäft von 1&1 Drillisch profitieren, da 1&1 Drillisch parallel dazu einen Vertrag mit 1&1 Versatel über den Bezug sämtlicher Breitbandleistungen aus einer Hand geschlossen hat.

Damit kann 1&1 Drillisch sein Breitbandangebot für Privatkunden deutlich ausweiten. Dies umschließt neben VDSL zukünftig auch vermehrt FTTH (Fiber to the Home) - sprich Glasfaserhaushaltsanschlüsse. Neben unserem bereits vorhandenen Zugriff auf FTTH-Anschlüsse namhafter City-Carrier können wir so im ersten Schritt rund 750.000 weitere FTTH-Anschlüsse zur Vermarktung anbieten. Diese Zahl soll sich in den nächsten Jahren um durchschnittlich 2 Mio. Haushalte jährlich erhöhen, sodass wir stetig mehr Haushalte mit garantierten Gigabit-Geschwindigkeiten versorgen werden können.

Kurz gesagt: Mit der vertieften Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom haben wir unsere Position im Breitbandgeschäft gestärkt und in unseren langfristigen Unternehmenserfolg investiert.

Zu den Zukunftsinvestitionen Ihres Unternehmens zählen auch die Sponsoring-Aktivitäten von 1&1 bei Borussia Dortmund. Zudem konnte Mick Schumacher Anfang 2021 als Markenbotschafter gewonnen werden. Wie sehen die Partnerschaften konkret aus?

Als erster Netzbetreiber in Europa werden wir unser 5G-Netz vollständig virtualisieren und auf Basis der OpenRAN-Technologie bauen. Sowohl unsere Partnerschaft mit Borussia Dortmund als auch unser Sponsoring des Formel 1 Teams Uralkali Haas F1 mit Mick Schumacher gehen deutlich über die reine Platzierung des 1&1 Logos auf dem Trikot und dem Rennwagen hinaus.

„Als erster Netzbetreiber in Europa werden wir unser 5G-Netz vollständig virtualisieren und auf Basis der OpenRAN-Technologie bauen.“

RALPH DOMMERMUTH

Als exklusiver Telekommunikationspartner bringen wir unsere Technologie-Kompetenzen aktiv in die Partnerschaften ein. Um Kunden und Fans gleichermaßen zu begeistern, steht zudem ein innovatives Social Media Konzept im Mittelpunkt beider Sponsorings. Ziel ist es, die Markenbekanntheit von 1&1 so weiter zu steigern und neue Zielgruppen nachhaltig für uns zu erschließen.

Sie haben es selbst bereits angesprochen. Corona hat das Geschäftsjahr 2020 deutlich mitbestimmt. Wie hat sich das auf den Geschäftsverlauf der United Internet AG ausgewirkt?

Als Internet-Spezialist mit ca. 65 Mio. Accounts haben wir ein stabiles und weitgehend konjunkturunabhängiges Geschäftsmodell, mit dem wir für wirtschaftliche Herausforderungen gut aufgestellt sind. Dennoch haben die Auswirkungen von Covid19 auch unseren Geschäftsverlauf negativ beeinflusst – wenn auch in deutlich geringerem Ausmaße als in anderen Branchen oder Unternehmen.

Insbesondere die fehlenden Umsätze im internationalen Roaming außerhalb der EU, die sich durch die im vergangenen Jahr sehr eingeschränkten Reisemöglichkeiten unsere Kunden ergaben, haben sich negativ auf unsere Umsatz- und Ergebnisentwicklung im Segment Consumer Access niedergeschlagen. Zudem kam es zu pandemiebedingten Einbußen im Vermarktungsgeschäft unserer Consumer Applications durch eine vorübergehende Zurückhaltung der Werbetreibenden während der Pandemie. Gleichwohl hat sich unser Geschäftsmodell, das überwiegend auf elektronischen Abonnements mit festen monatlichen Beträgen sowie vertraglich festgelegten Laufzeiten basiert, auch während der Coronavirus-Pandemie als sehr robust erwiesen.

Was erwarten Sie vom Geschäftsjahr 2021?

Für das Geschäftsjahr 2021 erwarten wir ein Umsatzwachstum auf ca. 5,5 Mrd. €. Das EBITDA soll auf ca. 1,22 Mrd. € steigen. In dieser Prognose enthalten sind – neben erwarteten negativen Umsatz- und Ergebniseffekten aus der Coronavirus-Pandemie auf dem Vorjahresniveau von ca. 25 Mio. € – hohe Investitionen in Zukunftsthemen. So plant 1&1 Drillisch 2021 beim 5G-Netzaufbau initiale Kosten von ca. 30 Mio. € und IONOS zusätzlich ca. 40 Mio. € für eine Produkt- und Vertriebsoffensive im Cloud-Geschäft und für die weitere Internationalisierung.