BRIEF AN DIE AKTIONÄRE

Sehr geehrte Aktionäre, Mitarbeiter und Freunde von United Internet,

auch im Geschäftsjahr 2020 hat United Internet wieder stark in neue Kundenverträge sowie in den Ausbau bestehender Kundenbeziehungen und damit in nachhaltiges Wachstum investiert. Insgesamt konnten wir die Zahl der kostenpflichtigen Kundenverträge organisch um 910.000 auf 25,65 Mio. Verträge steigern. Dabei kamen im Segment „Consumer Access“ 500.000 und im Segment „Business Applications“ 300.000 Verträge hinzu. Weitere 110.000 Verträge sowie 1,81 Mio. werbefinanzierte Free-Accounts wurden im Segment „Consumer Applications“ gewonnen.

Der Umsatz auf Konzernebene stieg im Geschäftsjahr 2020 von 5.194,1 Mio. € im Vorjahr um 3,3 % auf 5.367,2 Mio. €. Das Umsatzwachstum wurde dabei durch Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie beeinträchtigt. Diese Auswirkungen machten sich in den Segmenten „Consumer Access“ und „Consumer Applications“ insgesamt negativ bemerkbar. Gegenläufig wirkten sich positive Effekte im Segment „Business Access“ aus. Bereinigt um die Pandemie-Effekte stieg der vergleichbare Umsatz um 3,8 %

Die Ergebniszahlen in 2020 bzw. 2019 wurden von unterschiedlichen Sondereffekten beeinträchtigt. Dabei stand der einmaligen nicht-cashwirksamen Ausbuchung noch zur Verfügung stehender VDSL-Bestandskunden-Kontingente in 2020 (-129,9 Mio. €) ein Erlös aus dem Verkauf der virtual minds Anteile im Vorjahr (+21,5 Mio. €) gegenüber.

Ohne Berücksichtigung dieser Sondereffekte blieb das EBITDA im Konzern im Geschäftsjahr 2020 mit 1.178,8 Mio. € um 5,3 % hinter dem Vorjahreswert (1.244,2 Mio. €) zurück. Ursächlich für diesen Rückgang war insbesondere die von Telefónica Deutschland zum 1. Juli 2020 gegenüber der 1&1 Drillisch AG geltend gemachte Preiserhöhung für die Nutzung der Telefónica-Netzkapazität im Rahmen des MBA MVNO-Vertrags. Neben dieser Preiserhöhung, die sich beim im Mai 2021 geplanten Abschluss der National Roaming Vereinbarung mit Telefónica rückwirkend um 34,4 Mio. € (periodenfremd im Geschäftsjahr 2021 zu erfassen) reduzieren wird, wurden die Ergebniszahlen von 1&1 Drillisch vor allem durch initiale Kosten für den 5G-Netzaufbau sowie durch Effekte aus Regulierungsentscheidungen belastet. Darüber hinaus wirkte sich die Coronavirus-Pandemie negativ auf die Ergebniskennzahlen aus. Bereinigt auch um diese negativen Effekte lag das vergleichbare EBITDA um 1,3 % über dem Vorjahreswert.

Das von der überhöhten MBA-Abrechnung und den vorgenannten Effekten gleichermaßen beeinflusste EBIT im Konzern blieb mit 704,8 Mio. € ebenfalls hinter dem Vorjahreswert (770,2 Mio. € – ohne Markenwert-Zuschreibung bei Strato). zurück. Bereinigt um diese Effekte lag das vergleichbare EBIT um 2,1 % über dem Vorjahreswert.

Das Ergebnis pro Aktie (EPS) des Geschäftsjahres 2020 sank von 2,13 € im Vorjahr auf 1,55 €. Dabei wurde das EPS 2020 durch die nicht-cashwirksame Ausbuchung noch zur Verfügung stehender VDSL-Kontingente sowie – gegenläufig – Wertaufholungen bei Tele Columbus insgesamt negativ belastet (EPS-Effekt: -0,21 €), wohingegen das EPS des Vorjahres durch den Verkauf der virtual minds Anteile, die Markenwert-Zuschreibung bei Strato sowie Wertaufholungen bei Tele Columbus insgesamt positiv beeinflusst wurde (EPS-Effekt: +0,25 €). Bereinigt um diese Effekte sank das operative EPS von 1,88 € um 6,4 % auf 1,76 €.

Neben dem operativen Geschäft war das Geschäftsjahr 2020 geprägt von den Vorbereitungen für den Bau unseres eigenen Mobilfunknetzes sowie den laufenden Verhandlungen über National Roaming mit Telefónica Deutschland, das während des Übergangszeitraums, in dem wir unser Netz sukzessive errichten, notwendig ist. Dazu haben wir mit Ad-hoc-Mitteilung vom 15. Februar 2021 berichtet, dass 1&1 Drillisch das – nach Prüfung durch die EU-Kommission – verbesserte Angebot von Telefónica Deutschland für National Roaming und damit verbunden auch für MBA MVNO-Vorleistungen annehmen wird. Die von Telefónica rückwirkend ab Juli 2020 angebotenen Konditionen bauen damit zukünftig wieder auf den Preismechanismen der ersten fünf Jahre des MBA MVNO-Vertrags auf. Insbesondere sind erneut jährlich sinkende Datenpreise vorgesehen, die niedriger sind als die im zweiten Halbjahr 2020 von Telefónica abgerechneten Festpreise. Mit dem Vertragsschluss, den das Telefónica Angebot im Mai 2021 vorsieht, würde eine weitere wesentliche Voraussetzung für den geplanten Aufbau eines leistungsfähigen 5G-Netzes umgesetzt. Durch die Mitnutzung des Telefónica-Netzes ist für unsere Kunden schon während der Aufbauphase unseres eigenen Netzes eine flächendeckende Mobilfunkversorgung sichergestellt.

Mit gleicher Ad-hoc-Mitteilung haben wir darüber berichtet, dass 1&1 Drillisch ihr Glasfaser-Angebot ausweitet und zukünftig VDSL- und FTTH-Vorleistungen (Fiber to the Home / „FTTH“) von ihrer Schwestergesellschaft 1&1 Versatel erhält. Zu diesem Zweck hat 1&1 Drillisch mit 1&1 Versatel den langfristigen Bezug von FTTH- und VDSL-Komplettpaketen inkl. Voice und IP-TV ab dem 1. April 2021 vereinbart. Parallel dazu hat 1&1 Versatel mit der Deutschen Telekom einen Vertrag über die Nutzung derer FTTH- und VDSL-Haushaltsanschlüsse geschlossen. Diese ermöglichen 1&1 Versatel die Bereitstellung von FTTH-/VDSL-Komplettpaketen für 1&1 Drillisch, da das bundesweite Glasfaser-Transportnetz von 1&1 Versatel weitgehend mit den regionalen Breitband-Netzen der Deutschen Telekom verbunden ist. Neben dem bereits vorhandenen Zugriff auf FTTH-Anschlüsse namhafter City-Carrier erhält 1&1 Versatel so Zugang zu zunächst ca. 750.000 weiteren FTTH-Anschlüssen. Die Zahl der vermarktbaren FTTH-Anschlüsse der Deutschen Telekom soll sich in den nächsten Jahren um durchschnittlich 2 Mio. Haushalte jährlich erhöhen. FTTH-Anschlüsse für Privathaushalte ermöglichen Bandbreiten von bis zu 1 Gbit/s. Noch nicht mit FTTH ausgestattete Haushalte werden mit VDSL-Anschlüssen (bis zu 250 Mbit/s) versorgt. Mit diesem Vertragsabschluss kommen wir unserem Ziel näher, immer mehr Haushalte mit garantierten Gigabit-Geschwindigkeiten zu versorgen, denn Glasfaser wird auch in Privathaushalten zunehmend zum Standard für schnelle Kommunikation.

Zudem wollen wir gemeinsam mit Morgan Stanley Infrastructure Partners die Umsetzung der Fiber-Champion-Strategie von Tele Columbus nachhaltig unterstützen. Dazu hat die Kublai GmbH, eine Bietergesellschaft, hinter der Morgan Stanley steht, in einem ersten Schritt ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot für die Tele Columbus Aktien unterbreitet. United Internet wird die von ihr gehaltenen Anteile von rund 29,9 % an Tele Columbus bei einem erfolgreichen Abschluss des Übernahmeangebots in Kublai einbringen und im Gegenzug an der Kublai GmbH beteiligt sein. Teil der Fiber-Champion-Strategie von Tele Columbus ist die Öffnung ihres Breitbandnetzes für Kooperationspartner. Im Zuge dessen hat 1&1 Drillisch mit Tele Columbus einen verbindlichen Vorvertrag über die Nutzung des Kabel-/Glasfasernetzes von Tele Columbus als Vorleistung für ihre Breitbandprodukte geschlossen und kann so neue Zielgruppen über Glasfaser- und erstmals auch Kabelanschlüsse erschließen. Die Beteiligung von United Internet an Kublai sowie der Kooperationsvertrag stehen derzeit noch unter dem Vorbehalt des Vollzugs des Übernahmeangebots, der im April 2021 erwartet wird.

Last but not least haben wir uns zu Beginn des Jahres 2021 im Segment „Business Applications“ verstärkt und die Kölner we22 AG übernommen. we22 entwickelt Software zur Erstellung, Pflege und dem Hosting von Webseiten. Bekannt geworden ist das Unternehmen durch seinen White-Label-Website-Builder CM4all, mit dem bis heute mehr als 5 Mio. Websites erstellt und betrieben wurden. Seit 2000 ist CM4all mit über 25 Sprachversionen wesentlicher Bestandteil des Produktangebots von über 50 Hosting-Anbietern weltweit. Außerdem bietet we22 unter der Marke Web4Business in Deutschland Kleinunternehmen Dienstleistungen im Bereich Webseiten-Erstellung und Online-Marketing an. Die Produkte und Services von we22 sollen künftig auch Kunden von IONOS zur Verfügung stehen. CM4all wird zudem auch weiterhin als White-Label-Lösung für andere Internet-Provider und Geschäftskunden angeboten.

Für das Geschäftsjahr 2020 schlagen Vorstand und Aufsichtsrat der am 27. Mai 2021 stattfindenden Hauptversammlung eine Dividende in Höhe von 0,50 € je Aktie vor (Vorjahr: 0,50 €). Ausgehend von rund 187,2 Mio. dividendenberechtigten Aktien (Stand: 31. Dezember 2020) ergäbe sich für das Geschäftsjahr 2020 eine Ausschüttungssumme von 93,6 Mio. €. Diese Ausschüttungsquote entspricht 28,3 % des bereinigten Konzernergebnisses 2020 nach Minderheitenanteilen (330,2 Mio. €) und läge damit – vor dem Hintergrund der anstehenden Investitionen in das 5G-Mobilfunknetz von 1&1 Drillisch – im mittleren Bereich unserer Dividenden-Policy.

Für das Geschäftsjahr 2021 erwarten wir ein Umsatzwachstum auf ca. 5,5 Mrd. €. Das EBITDA soll (ohne Berücksichtigung des periodenfremden Ertrags von ca. 34,4 Mio. € im Zusammenhang mit dem geplanten Abschluss des National Roaming Vertrages) auf ca. 1,22 Mrd. € steigen. In dieser Prognose enthalten sind negative Umsatz- und Ergebniseffekte aus der Coronavirus-Pandemie in Höhe von ca. 25 Mio. € sowie hohe Investitionen in Zukunftsthemen. So plant 1&1 Drillisch beim 5G-Netzaufbau 2021 initiale Kosten von ca. 30 Mio. € und IONOS zusätzlich ca. 40 Mio. € für eine Produkt- und Vertriebsoffensive. Damit soll, nach der Integration von STRATO, World4You und ProfitBricks in den letzten Jahren und dem erfolgreichen Rebranding der Marke, vor allem das Cloud-Geschäft ausgebaut und die weitere Internationalisierung vorangetrieben werden. IONOS erwartet in diesem Jahr erstmals ca. 1 Mrd. € Umsatz. Der IPO soll innerhalb der nächsten zwei Jahre stattfinden.

Wir sind für die nächsten Schritte unserer Unternehmensentwicklung gut aufgestellt und blicken optimistisch in die Zukunft. Angesichts des hinter uns liegenden Jahres sowie der künftigen Herausforderungen gilt unser besonderer Dank allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren engagierten Einsatz sowie unseren Aktionären und Kunden für das der United Internet AG entgegengebrachte Vertrauen.

Montabaur, im März 2021

Der Vorstand

Ralph Dommermuth   Martin Mildner

„Mit dem bevorstehenden Abschluss einer National Roaming Vereinbarung werden wir einen weiteren zentralen Meilenstein auf unserem Weg zum eigenen Mobilfunknetz erreichen. Unser Ziel ist es, als vierter Netzbetreiber das modernste 5G-Netz Deutschlands zu bauen.“

RALPH DOMMERMUTH

Die Vorstände

RALPH DOMMERMUTH 

Vorstandsvorsitzender (seit 1988)

Ralph Dommermuth, Jahrgang 1963, legte 1988 mit der Gründung der 1&1 EDV Marketing GmbH das Fundament der heutigen United Internet AG. Zum Start bot er kleinen Software­-Anbietern systematisierte Marketing-­Dienstleistungen. Später entwickelte er zusätzlich Marketing­-Services für Großkunden wie IBM, Compaq und die Deutsche Telekom. Im Zuge des Aufkommens des Internets fuhr Ralph Dommermuth diese Marketing­-Services für Dritte sukzessive zurück und baute zunehmend eigene Internet­-Dienste und direkte Kundenverhältnisse auf. 1998 führte der gelernte Bankkaufmann 1&1 als erstes Internet­-Unternehmen an die Frankfurter Wertpapierbörse. 2000 baute Ralph Dommermuth die als Holding fungierende 1&1 AG & Co. KGaA zur United Internet AG um und entwickelte das Unternehmen zu einem führenden europäischen Internet­-Spezialisten.

Martin Mildner

Finanzvorstand (seit 2020)

Martin Mildner, Jahrgang 1970, ist seit dem 1. Oktober 2020 im Vorstand der United Internet AG tätig und verantwortet die Bereiche Finanzen und Personal. Martin Mildner verfügt über langjährige Erfahrungen im Bereich Unternehmenstransaktionen,
Private Equity, Venture Capital, Recht und Steuerrecht. Zuvor war er 13 Jahre bei der Otto Group beschäftigt, wo er als Group General Counsel und Group Vice President M&A vor allem die strategische Neuausrichtung des Unternehmensportfolios aktiv mitgestaltete.