2. Wirtschaftsbericht
2.1 Gesamtwirtschaftliche und branchenbezogene Rahmenbedingungen
Entwicklung der Gesamtwirtschaft
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat im Rahmen seines letzten Konjunkturausblicks (World Economic Outlook, Update Januar 2025) nach vorläufigen Berechnungen für 2024 ein Plus von 3,2 % für die Weltwirtschaft ausgewiesen. Das Wachstum lag damit in etwa auf Vorjahresniveau (3,3 %).
In den nordamerikanischen Zielländern der United Internet Gruppe erwartet der Fonds in 2024 ein sichtbares, wenngleich schwächeres Wachstum als im Vorjahr. So erwartet der IWF für die USA ein Plus von 2,8 % (Vorjahr: 2,9 %), für Kanada ein Plus von 1,3 % (Vorjahr: 1,5 %) und für Mexiko ein Plus von 1,8 % (Vorjahr: 3,3 %).
Ein Blick auf die wichtigsten Zielländer von United Internet in Europa zeigt folgendes Bild: Für Frankreich erwartet der IWF für 2024 ein Wachstum um 1,1 % (Vorjahr: 1,1 %), für Spanien um 3,1 % (Vorjahr: 2,7 %) und für Polen um 2,8 % (Vorjahr: 0,1 %). Für Italien und Großbritannien wird hingegen ein etwas schwächeres Wachstum von 0,6 % (Vorjahr: 0,7 %) bzw. 0,9 % (Vorjahr: 0,3 %) prognostiziert.
Die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland , dem aus Sicht von United Internet mit Abstand wichtigsten Markt (Umsatzanteil 2024: ca. 90 %), zeigt dagegen als einziges Zielland von United Internet erneut einen Rückgang der Wirtschaftsleistung in 2024 um -0,2 % (Vorjahr: -0,3 %).
Mehrperiodenübersicht: Entwicklung des BIP in wesentlichen Zielländern und -regionen von United Internet
Welt | –3,1 % | 6,2 % | 3,5 % | 3,3 % | 3,2 % | –0,1 Prozentpunkte |
USA | –3,4 % | 5,9 % | 1,9 % | 2,9 % | 2,8 % | –0,1 Prozentpunkte |
Kanada | –5,2 % | 5,0 % | 3,8 % | 1,5 % | 1,3 % | –0,2 Prozentpunkte |
Mexiko | –8,2 % | 4,7 % | 3,9 % | 3,3 % | 1,8 % | –1,5 Prozentpunkte |
Frankreich | –8,0 % | 6,8 % | 2,5 % | 1,1 % | 1,1 % | +/- 0,0 Prozentpunkte |
Spanien | –10,8 % | 5,5 % | 5,8 % | 2,7 % | 3,1 % | + 0,4 Prozentpunkte |
Italien | –8,9 % | 6,7 % | 3,7 % | 0,7 % | 0,6 % | –0,1 Prozentpunkte |
Polen | –2,0 % | 6,9 % | 5,3 % | 0,1 % | 2,8 % | + 2,7 Prozentpunkte |
Großbritannien | –9,4 % | 7,6 % | 4,3 % | 0,3 % | 0,9 % | + 0,6 Prozentpunkte |
Deutschland | –4,6 % | 2,6 % | 1,8 % | –0,3 % | –0,2 % | + 0,1 Prozentpunkte |
2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | Veränderung zum Vorjahr |
Quelle: Internationaler Währungsfonds, World Economic Outlook (Update), Januar 2025
Die Berechnungen des IWF für Deutschland decken sich damit mit den vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis), das für 2024 – im Rahmen der Pressekonferenz „Bruttoinlandsprodukt 2024“ am 15. Januar 2025 – ebenfalls erneut einen Rückgang des (preisbereinigten) Bruttoinlandsprodukts (BIP) um -0,2 % (Vorjahr: -0,3 %) festgestellt hat.
Verantwortlich dafür waren nach Einschätzung des Statistischen Bundesamtes konjunkturelle und strukturelle Belastungen. Dazu zählen zunehmende Konkurrenz für die deutsche Exportwirtschaft auf wichtigen Absatzmärkten, hohe Energiekosten, ein nach wie vor erhöhtes Zinsniveau, aber auch unsichere wirtschaftliche Aussichten.
Mehrperiodenübersicht: Entwicklung des preisbereinigten BIP in Deutschland
BIP | –4,1 % | 3,7 % | 1,4 % | –0,3 % | –0,2 % | + 0,1 Prozentpunkte |
2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | Veränderung zum Vorjahr |
Quelle: Destatis, Januar 2025
Entwicklung der Branche / Kernmärkte
Die digitale Wirtschaft in Deutschland bleibt dagegen auf Wachstumskurs. Trotz des aktuell schwierigen konjunkturellen Umfelds erwartet der Digitalverband Bitkom im deutschen Markt für IT und Telekommunikation (ITK) für 2024 ein Umsatzplus von 3,3 % (Vorjahr: 2,4 %) auf 222,6 Mrd. €.
Der Anstieg des Gesamtmarktes ITK resultiert insbesondere aus den gestiegenen Umsätzen in der Informationstechnik (IT). Die Umsätze in diesem größten Teilmarkt stiegen laut BITKOM-Prognose 2024 um 4,4 % (Vorjahr: 2,6 %) auf 149,7 Mrd. €. Dabei entwickelten sich die Segmente des Teilmarktes recht unterschiedlich: So legten die Bereiche Software (dazu gehören u. a. KI-Plattformen, Kollaborationstools und Cloud Services) um 9,5 % (Vorjahr: 12,1 %) und IT-Services deutlich um 3,8 % (Vorjahr: 5,0 %) zu. Der Bereich IT-Hardware lag hingegen nur leicht mit 0,7 % im Plus, nachdem er im Vorjahr (nach den überproportional hohen Investitionen während der Pandemie-Jahre) um -6,1 % zurückgegangen war.
Die aus Sicht des Geschäftsmodells von United Internet wichtigsten ITK-Märkte sind insbesondere der deutsche Telekommunikationsmarkt im überwiegend abonnementfinanzierten Geschäftsbereich „Access“ sowie der weltweite Cloud-Computing-Markt und der deutsche Online-Werbemarkt im abonnement- und werbefinanzierten Geschäftsbereich „Applications“.
Telekommunikationsmarkt in Deutschland
Für den ITK-Teilmarkt Telekommunikation erwartet der Branchenverband in 2024 einen Anstieg um 1,0 % (Vorjahr: 2,0 %) von 72,3 Mrd. € auf 73,0 Mrd. €. Dabei entwickeln sich auch im deutschen Telekommunikationsmarkt die einzelnen Segmente recht unterschiedlich: So legten die Telekommunikationsdienste um 1,8 % (Vorjahr: 2,1 %) und das Geschäft mit Endgeräten um 1,6 % (Vorjahr: 3,1 %) zu, während das Infrastrukturgeschäft um -4,8 % (Vorjahr: -0,7 %) zurückging.
Markt-Kennzahlen: Telekommunikationsmarkt in Deutschland
Quelle: Bitkom, Januar 2025
Bei den für United Internet wichtigen Service-Umsätzen erwartet die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) laut der Studie „German Entertainment and Media Outlook 2024 - 2028“ (September 2024) für 2024 einen Anstieg um 1,3 % auf 32,6 Mrd. €. Dabei sollen die Service-Umsätze im Mobilfunkgeschäft um 2,0 % auf 18,0 Mrd. € und die Service-Umsätze im Breitbandgeschäft um 0,4 % auf 14,6 Mrd. € zulegen.
Die Anzahl der Mobilfunkverträge wird von PwC nach einem Plus um 2,8 % in 2024 bei 179,9 Mio. erwartet. Das Wachstum resultiert aus einem Plus von 57,5 % bei 5G Verträgen auf 55,3 Mio., während Verträge für geringere Datenraten deutlich zurückgingen.
Die Anzahl der Breitbandanschlüsse im Festnetz stieg gemäß PwC in 2024 um 0,8 % auf 38,9 Mio. Dabei ging die Anzahl an DSL-Anschlüssen (-5,0 % auf 23,4 Mio.) und Kabel-Anschlüssen (-1,2 % auf 8,5 Mio.) jeweils zurück, während Glasfaser-Anschlüsse um 38,0 % auf 5,8 Mio. zulegten.
Cloud-Computing-Markt weltweit
Der Cloud-Computing-Markt hat sich auch in 2024 dynamisch weiterentwickelt. Gartner, Inc. erwartet im Rahmen seiner Studie „Public Cloud Services, Worldwide, 2022-2028, 3Q24 Update“ (November 2024) ein weltweites Wachstum für Public Cloud Services um 19,2 % von 499,7 Mrd. USD auf 595,7 Mrd. USD in 2024. Am stärksten zulegen sollen dabei die Bereiche Cloud System Infrastructure Services (laaS) mit 21,3 %, Cloud Application Infrastructure Services (PaaS) mit 19,1 % sowie Cloud Application Services (SaaS) mit 18,1 %.
Markt-Kennzahlen: Cloud Computing weltweit
Umsatz Public Cloud Services weltweit | 595,65 | 499,71 | + 19,2 % |
davon Application Infrastructure Services (PaaS) | 171,57 | 144,05 | + 19,1 % |
davon Application Services (SaaS) | 250,80 | 212,37 | + 18,1 % |
davon Desktop as a Service (DaaS) | 3,47 | 3,22 | + 7,7 % |
davon System Infrastructure Services (laaS) | 169,82 | 140,00 | + 21,3 % |
in Mrd. USD | 2024 | 2023 | Veränderung |
Quelle: Gartner Forecasts, Worldwide Public Cloud End-User Spending , November 2024
Online-Werbemarkt in Deutschland
Bei den im deutschen Online-Werbemarkt (Mobile Werbung und Desktop-Werbung) erzielten Gesamt-umsätzen (Paid-Search, Display, Video, Affiliate / Classifieds) erwartet die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) laut der Studie „German Entertainment and Media Outlook 2024 - 2028“ (September 2024) - nach einem Wachstum von 11,9 % in 2023 – für 2024 ein Wachstum um 10,7 % von 17,1 Mrd. € auf insgesamt 18,9 Mrd. €.
Markt-Kennzahlen: Gesamtmarkt Online-Werbung in Deutschland – nach PwC
Quelle: PricewaterhouseCoopers, German Entertainment and Media Outlook 2024 – 2028, September 2024
Nicht viel anders als PwC bewertet auch der Online-Vermarkterkreis (OVK) im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. die Lage im deutschen Online-Werbemarkt. Dabei berücksichtigt der OVK bei seinen Marktzahlen ausschließlich Nettoumsätze und fokussiert sich ausschließlich auf den für United Internet wichtigsten Teilmarkt, den Display-Werbemarkt (Mobile und Desktop). Ausgehend von seiner aktualisierten Prognose im September 2024 erwartet der OVK – im Rahmen seines OVK-Report 2024/02 – für den Display-Werbemarkt einen Anstieg der Nettoumsätze von 5,5 Mrd. € im Vorjahr auf 6,2 Mrd. €. Dies bedeutet ein Plus von 11,7 % – nach einem Wachstum von 6,4 % im Vorjahr.
Markt-Kennzahlen: Display-Werbemarkt in Deutschland – nach OVK
Quelle: Online-Vermarkterkreis (OVK), OVK-Report 2024/02, September 2024
Rechtliche Rahmenbedingungen / wesentliche Ereignisse
Rechtliche Rahmenbedingungen
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Geschäftstätigkeit von United Internet blieben im Geschäftsjahr 2024 im Vergleich zum Geschäftsjahr 2023 im Wesentlichen konstant und hatten keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsentwicklung im United Internet Konzern.
Wesentliche Ereignisse
1&1 startet Bestandskunden-Migration auf das 1&1 Mobilfunknetz
Nach dem Start des 1&1 Mobilfunknetzes für mobile Dienste Ende 2023 startete 1&1 im Januar 2024 auch die Migration ihrer über 12 Millionen Bestandskundenverträgen von Fremdnetzen in das 1&1 Mobilfunknetz.
Durch die sukzessive Migration der Bestandskunden auf das eigene Netz kann 1&1 den Vorleitungseinkauf bei Dritten (auf Wholesale-Basis) zunehmend ersetzen und stattdessen intern produzierte Vorleistungen nutzen und dadurch auch zunehmende Einsparungen im Vorleistungseinkauf realisieren.
IONOS baut Cloud-Lösung für die Bundesverwaltung
Im April 2024 hat das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) IONOS mit dem Aufbau einer privaten Enterprise-Cloud beauftragt, die in den Rechenzentren des ITZBund betrieben wird. Das ITZBund ist der IT-Dienstleister für 200 Behörden der Bundesverwaltung und soll die öffentliche Verwaltung mit moderner IT unterstützen und in die digitale Zukunft führen.
Der Rahmenvertrag hat eine Laufzeit von fünf Jahren. Bei dem variablen Auftrag wird, wie im Cloud-Bereich üblich, per „pay-per-use“ abgerechnet.
Vorübergehende Einschränkung der Verfügbarkeit des 1&1 Mobilfunknetzes
Umsatz und Ergebnis wurden durch die Auswirkungen eines vorübergehenden Ausfalls des neuen 1&1 Mobilfunknetzes im Mai 2024 sowie damit einhergehenden erhöhten Kündigungsaussprachen außerplanmäßig belastet. Außerdem war die geplante Migration von Bestandskunden auf das 1&1 Mobilfunknetz aufgrund einer unerwarteten Unterdimensionierung einzelner Netzbestandteile vorübergehend stark eingeschränkt und konnte erst im vierten Quartal 2024 wieder umfangreich aufgenommen werden.
Damit konnten die im Geschäftsjahr 2024 erwarteten Einsparungen aus der Migration bestehender Kundenverträge (auf Wholesale-Basis) auf das 1&1 Mobilfunknetz nur zu kleinen Teilen realisiert werden. Darüber hinaus entstanden temporär höhere Aufwendungen für die Beseitigung von in der Folge des Netzausfalls festgestellten Kapazitätsengpässen.
Abschluss des Hauptvertrages für die National-Roaming-Partnerschaft zwischen 1&1 und Vodafone
Im August 2024 starteten Vodafone und 1&1 ihre National-Roaming-Partnerschaft im Mobilfunk. Nachdem sich die beiden Unternehmen bereits im Vorjahr in einem Vorvertrag verbindlich auf die Zusammenarbeit ab Sommer dieses Jahres geeinigt hatten, wurde am 23. August 2024 der ausführliche Hauptvertrag unterzeichnet.
Neukunden von 1&1 nutzen seit dem 29. August 2024 mit ihren Smartphones auch das Mobilfunknetz von Vodafone mit. Auch die Migration von Bestandskunden erfolgt seitdem auf Vodafone als National Roaming Partner. Bis Ende 2025 soll National Roaming mit Vodafone für alle 1&1 Mobilfunkkunden bereitstehen. National-Roaming-Vorleistungen, die bis zuvor über Telefónica bezogen wurden, werden parallel dazu vollständig zurückgefahren. National Roaming ist ein beim Bau neuer Mobilfunknetze übliches Verfahren, durch das Kunden in noch nicht versorgten Gebieten unterbrechungsfrei surfen und telefonieren können. Dazu werden in diesen Gebieten automatisch Antennen des Roaming-Partners genutzt.
Die Kooperation zwischen Vodafone und 1&1 ist langfristig ausgelegt und beinhaltet Mechanismen, die beide Unternehmen bei steigenden Kosten und Datenvolumina wirtschaftlich absichert.
Finanzierungsmaßnahmen
Im Dezember 2024 hat United Internet den bis dato bestehenden Konsortialkreditrahmen erfolgreich mit ihren Kernbanken refinanziert. Für den neuen Konsortialkreditrahmen über 950 Mio. € wurde eine Laufzeit bis Dezember 2029 vereinbart und beinhaltet vertraglich zugesagte Verlängerungsoptionen.
Zugleich hat der Konzern im Dezember 2024 einen im Dezember 2027 endfälligen Konsortialkredit über 550 Mio. € abgeschlossen. Dabei hat United Internet AG einen Teil ihrer mit Kernbanken bestehenden bilateralen Betriebsmittellinien in den Konsortialkredit eingebracht, so dass diese erfolgreich langfristig refinanziert werden konnten.
Darüber hinaus haben United Internet und die Japan Bank for International Cooperation (JBIC) ebenfalls im Dezember 2024 einen Darlehensvertrag in Höhe von bis zu 800 Mio. € unterzeichnet. Die Mittel werden durch eine direkte Tranche der vollständig im Eigentum der japanischen Regierung stehenden Japan Bank for International Cooperation und eine durch JBIC garantierte Tranche eines Konsortiums europäischer und japanischer Geschäftsbanken bereitgestellt.
Für weitere Informationen wird auf das Kapitel 2.2 „Geschäftsverlauf“, „Liquidität und Finanzierung“ verwiesen.
Darüber hinaus fanden im Geschäftsjahr 2024 keine wesentlichen Ereignisse statt, die einen maßgeblichen Einfluss auf den Geschäftsverlauf hatten.