Ermittlung und Bewertung der wesentlichen klimabezogenen Auswirkungen, Risiken und Chancen

Die klimabezogenen Auswirkungen, Risiken und Chancen (Impacts, Risks und Opportunities, kurz IROs) wurden im regulären Prozess der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse identifiziert. Zur Sammlung und Bewertung der IROs wurden interne Expertinnen und Experten, vor allem die Nachhaltigkeitsmanagerinnen und -manager von Corporate und der weiteren Segmente und Fachabteilungen (TechOps), konsultiert. Zusätzlich wurden die Ergebnisse des Corporate Carbon Footprints (CCF) ausgewählter Segmente aus den Vorjahren und Informationen aus der Treibhausgasbilanzierung des Geschäftsjahres 2023 mit den Ergebnissen der IRO-Bewertung verglichen und analysiert. United   Internet hat dabei auf die direkten (Scope 1 und 2) und indirekten Treibhausgasemissionen (Scope 3) und die daraus ableitbaren Hebel zur Reduktion dieser Emissionen geachtet.

Im Vorfeld der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse hat United   Internet ein Verfahren zur Identifizierung und Bewertung klimabezogener Risiken und Chancen verwendet. Die szenariobasierte Klimarisikoanalyse umfasst sowohl physische Risiken als auch Übergangsrisiken innerhalb des eigenen Betriebs und entlang der Wertschöpfungskette.

Szenarioanalyse für physische Risiken durch Klimaveränderungen

Im Rahmen der Analyse physischer Risiken wurden insgesamt 27 relevante Standorte identifiziert und hinsichtlich ihrer Gefährdungsexposition untersucht. Hierzu gehören 12 Bürostandorte, an denen insgesamt 70 % der Mitar­bei­tenden tätig sind. Der Fokus bei den Technikstandorten lag auf den vier Core Data Centern, die zwar durch ein Redundanzkonzept abgesichert sind, bei gleichzeitigem Ausfall jedoch einen kritischen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit haben könnten, sowie den von United Internet betriebenen Rechen­zen­tren und einem Standort für Forschung und Entwicklung. Des Weiteren wurden zwei Logistikstandorte analysiert. Aus der Analyse ausgeschlossen wurden Standorte mit einer geringen Anzahl an Mitar­bei­tenden. Ebenfalls ausgeschlossen wurden Standorte, für die eine ausreichende Absicherung besteht – z.B. ein Redundanzkonzept bei kleinen Rechen­zen­tren oder die Absicherung durch National Roaming für Antennenstandorte. Die nachgelagerte Wertschöpfungskette wurde ebenfalls nicht analysiert, da z.B. die Nutzung digitaler Dienste nicht standortspezifisch ist.

Die Bewertung erfolgte mithilfe der „Location Risk Intelligence Platform“ der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft (Munich Re). Dabei wurden Daten des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) verwendet. Das IPCC ist ein internationales Gremium der Vereinten Nationen, das wissenschaftliche Erkenntnisse zum Klimawandel bewertet. Für die Standorte wurden zur Ermittlung der potenziellen Klimagefahren jeweils verschiedene Zukunftsszenarien für den fortschreitenden Klimawandel angewandt. Der Fokus der Analyse lag für United   Internet auf dem sogenannten „SSP5-/RCP8.5-Szenario“. Dieses Zukunftsszenario, das auch Hochkohlenstoffpfad genannt wird, geht von einem globalen Temperaturanstieg von 4,4 °C bis zum Jahr 2100 aus. Das Szenario nimmt dabei hohe globale Emissionen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten an und ermöglicht so eine detaillierte Bewertung und einen Stresstest für physische Klimarisiken . Die 28 von der EU-Taxonomie und der CSRD definierten klimabezogenen Gefahren wurden anhand spezifischer Indikatoren für jeden Standort projiziert und auf einer Skala von 1 (sehr niedrig) bis 5 (sehr hoch) normalisiert. Für diese Analyse hat sich das Unternehmen auf drei zentrale Zeiträume konzentriert: die Gegenwart, die mittelfristige Zukunft (2030) und die langfristige Zukunft (2050).

Um die Netto-Klimarisiken aus den Klimagefahren abzuleiten, wurde definiert, dass bei einer hohen (4) oder sehr hohen (5) Gefährdungsexposition eine Gefahr besteht, unabhängig vom prognostizierten Eintrittszeitraum. Für jeden Standort wurde je Gefahr bewertet, ob prinzipiell eine Exposition besteht – also ob die Assets des Standorts einer Gefahr ausgesetzt sein könnten – und wie sensitiv die Assets gegenüber der jeweiligen Gefahr sind. Im Falle bereits genügender, bestehender Anpassungsmöglichkeiten und Vorkehrungsmaßnahmen erfolgte keine weitere Bewertung der Klimagefahr, da kein Netto-Klimarisiko identifiziert wurde.

Für United   Internet wurden im Rahmen der Klimarisikoanalyse keine Netto-Klimarisiken identifiziert.

Szenarioanalyse für transitorische Risiken durch Maßnahmen zum Klimaschutz

Im Hinblick auf die Übergangsrisiken und -chancen wurde eine Analyse basierend auf einem Szenario durchgeführt, das eine erfolgreiche Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C annimmt. Dieses Szenario berücksichtigt Faktoren wie regulatorische Entwicklungen, wirtschaftliche Trends, technologische Fortschritte sowie ein verändertes Verbraucherverhalten. Es ist als Stresstest für transitorische Risiken geeignet. Daten aus 1,5°C- / Netto-Null-Szenarien von Quellen wie der International Energy Agency (IEA) und dem „Network for Greening the Financial System“ (NGFS) wurden, wo verfügbar und erforderlich, verwendet. Zur Identifikation von Übergangsrisiken und -chancen wurde eine umfassende Liste erstellt, die auf Industriestandards, Best Practices und Recherche basiert und an das spezifische Geschäftsmodell von United Internet angepasst wurde. Die Risiken wurden in vier Hauptkategorien unterteilt: Politik & Recht, Technologie, Markt und Reputation.

Nach der Identifikation der Risiken und Chancen wurden die Exposition und Sensitivität des Unternehmens gegenüber diesen Bruttorisiken und -chancen durch Corporate Sustainability und die Nachhaltigkeitsmanager und -managerinnen der Segmente bewertet. Dabei wurde die Exposition der Risiken auf einer fünf-stufigen Skala (von „keine Exposition“ bis „sehr hohe Exposition“) eingestuft. Das Ausmaß der Exposition wurde danach bewertet, wie sehr United   Internet von dem Risiko oder der Chance betroffen ist – gemessen an der Wertschöpfung des gesamten Unternehmens. Dies wurde z.   B. danach beurteilt, wie viele Segmente des Unternehmens dem Risiko ausgesetzt sind. Neben der Exposition wurde auch die Sensitivität gegenüber dem Risiko oder der Chance bewertet. Hierbei wurde beurteilt, wie stark die potenziellen Auswirkungen beim Eintritt des Risikos / der Chance auf das Unternehmen wären. Wenn möglich, wurden hierfür bereits Prognosen für die finanziellen Auswirkungen (gemessen am EBIT) herangezogen, um eine fundiertere Schätzung der Sensitivität angeben zu können. Die Bewertung der Übergangsrisiken- und chancen erfolgte in der zeitlichen Perspektive im Einklang mit der Wesentlichkeitsbewertung: weniger als zwei Jahre (kurzfristig), zwei bis fünf Jahre (mittelfristig), mehr als fünf Jahre (langfristig).

Wenn die Beurteilungen bei den Faktoren Exposition oder Sensitivität einen Schwellenwert überschritten, wurde das Risiko / die Chance als wesentliches Bruttorisiko / wesentliche Bruttochance eingestuft. Die Ergebnisse fließen künftig in die strategische Planung des Unternehmens ein, um robuste Maßnahmen zur Risikominimierung und Nutzung von Chancen durch den Klimawandel zu entwickeln.

Im Rahmen der Finanzberichterstattung von United   Internet wurden bisher standortbezogene, kritische klimabezogene Annahmen behandelt, wozu Naturkatastrophen und physische Klimarisiken gehören. Diese sind in Teilen mit denen der physischen Klimarisikoanalyse kompatibel. Die Klimarisikoanalyse trifft im Rahmen des SSP5/RCP8.5-Szenari os zwar extremere Annahmen, weicht in den Ergebnissen jedoch nur marginal ab. Transitorische Risiken, die sich aufgrund von Maßnahmen zum Klimaschutz in einem 1,5°-Szenario ergeben, werden nur in der Klimarisikoanalyse des Nachhaltigkeitsberichts betrachtet, nicht aber in der Finanzberichterstattung.

Resilienzanalyse

Das in der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse identifizierte Risiko „Erhöhte Kosten durch Folgen des Klimawandels“ fasst diverse physische Klimarisiken zusammen. Dabei ist zu beachten, dass im Rahmen der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse eine Bruttobetrachtung der Risiken vorgenommen wurde, hier also Anpassungsmöglichkeiten noch nicht miteinbezogen wurden.

Für die Resilienzanalyse hat United   Internet wesentliche Bruttorisiken, die sich aus der Klimarisikoanalyse ergeben haben, betrachtet. Diese Risiken schließen alle wesentlichen Teile der vorgelagerten, eigenen und nachgelagerten Wertschöpfungskette mit ein. Die physische Klimarisikoanalyse der standortbezogenen Klimarisiken hat ergeben, dass die wesentlichen Standorte von United   Internet aktuell keinen Netto-Klimarisiken ausgesetzt sind. Durch die Analyse der Übergangsrisiken infolge von Maßnahmen zum Klimaschutz basierend auf dem 1,5°-Szenario wurden drei wesentliche transitorische Risiken festgestellt. Diese wurden im Rahmen der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse detaillierter betrachtet, um geeignete Maßnahmen und Anpassungskapazitäten aufzubauen.